Warum wir fremdgehen, obwohl wir unseren Partner lieben.
Laut einer Studie lieben über 80% aller Menschen die fremdgehen ihren Partner. Aber wie kann das sein? Ist ein Seitensprung nicht ein offensichtlicher Beweis dafür, dass man seinen Partner weder liebt, noch respektiert. So einfach ist es tatsächlich nicht.
Eine Forsa-Umfrage ergab, dass 45% der Deutschen fremdgehen für unverzeihlich halten. Eine andere Umfrage ergab, dass nur 3% aller Frauen und Männer die betrogen wurden, ihren Partner verlassen würden. Dies zeigt, wie uneindeutig der Sachverhalt hier ist.
Kann das noch Liebe sein, wenn man fremdgeht?
Oft ist es so, dass Fremdgeher den genauen Grund gar nicht nennen könne, warum sie fremdgegangen sind. Darum ist es auch so schwierig für diese, dem Partner zu erklären, wie es zu dem Seitensprung kommen konnte. Das Verlangen nach Aufklärung und Klarheit des Betrogenen ist allerdings enorm. So wollen über 80% aller Betrogenen unbedingt herausfinden, wie es dazu kam. Dabei kommen natürlich auch Zweifel an der Liebe des Betrügers auf.
Dies hat offenbar mit dem Besitzdenken zu tun, die mit Liebe in der Regel einhergeht. Das Zusammgenhörigkeitsgefühl, das mit einer Beziehung entsteht ist also nicht nur die reine Liebe, sondern auch mit einem gewissen Besitzanspruch verbunden. Die Problematik dabei ist, dass damit die Liebe mit einer Bedingung verbunden ist. Die vielgelobte bedingungslose Liebe ist so gesehen also nicht ganz realistisch. Wird diese Bedingung durch Fremdgehen nicht erfüllt, wird dies oft mit einem Statement der Aufkündigung der Liebe gleichgesetzt.
Ein weiteres Problem ist, dass unter Liebe jeder ein wenig andere Vorstellungen hat. Die Definition ist nicht ganz klar. So versteht im Grunde jeder etwas anderes darunter, oft in Verbindung mit romantischen und auch leicht unrealistischen Vorstellungen. Entgegen der Einstellung, die romantische Komödien und sonstige Filme aus Hollywood gerne vermitteln, hat Liebe auch immer einen sehr egoistischen Aspekt. Jeder möchte geliebt werden, sprich von anderen Menschen Gefühle und Zuneigung erhalten.
Kann also fehlende Liebe der Auslöser für das Fremdgehen sein? Eher nicht. Gerade einmal 16% der Männer und 33% der Frauen gaben in Befragungen an, dass eine unglückliche Beziehung der Auslöser gewesen sei. Natürlich kann dies zu einem Seitensprung führen. Das ist aber eben nur ein möglicher Grund. Ebenso kann Neugier, Erregung, Übermut oder eine diffuse Sehnsucht einen Seitensprung auslösen. Mit der Qualität der eigenen Beziehung muss dies nicht unbedingt etwas zu tun haben.
Die vorherrschende Meinung in der Gesellschaft ist, dass die wahre Liebe auch immer mit sexueller Exklusivität einhergeht. Wenn man seinen Partner wirklich liebt, würde man niemals fremdgehen. Leider ist das – so verbreitet diese Einstellung auch ist – eine sehr kindlich-naive Haltung. So einfach lassen sich menschliche Beziehungen, Gefühle, Emotionen etc. halt nicht bzw. bändigen.
Hinzu kommt, dass fremdgehen oft bewusst oder unbewusst als etwas sehr grausames angesehen wird, das man seinem Partner antut. Damit wird unterstellt, dass ein Seitensprung die Absicht hat, dem Partner Leid zuzufügen. Dass dies nur in den wenigsten Fällen der Grund sein dürfte, liegt bei näherem Betrachten auch auf der Hand.
“Man kann nur einen Menschen lieben”
Außerdem haben viele Menschen die Vorstellung, dass man immer nur einen Menschen gleichzeitig lieben kann. Dass dies mit der Realität nicht immer vereinbar ist weiß auch jeder, der schon einmal in zwei Menschen verliebt war und nun zwangsläufig vor die Wahl gestellt wurde, weil man ja scheinbar nicht mehrere Leute gleichzeitig lieben kann. Wie sich diese Überzeugung auf so breiter Front durchsetzen konnte, ist auch eher schwer begreiflich, wenn man sich dazu mal ein paar Gedanken macht. Auch hier spielt laut Psychologen wieder der Besitzanspruch eine zentrale Rolle. In einer Beziehung nach gesellschaftlich anerkannten Regeln nimmt man für sich selbst in Anspruch, der wichtigste Mensch im Leben das Anderen sein zu müssen.
Laut mehreren Buchautoren sei es bereichernd, Liebe mit mehr als einem Menschen zu teilen. Nach dem Motto “Liebe wird mehr, wenn man sie teilt”. Damit ist nicht die Liebe zu Familienmitgliedern und Freunden gemeint, sondern die sexuelle Liebe. Nach Befürwortern des Tabuthemas Polyamorie haben Beziehungen unterschiedliche Schwerpunkte. So kann es durchaus sein, dass man einen Menschen aufrichtig liebt, Sex aber lieber mit einem anderen Menschen hat. Demnach gehört Sex und Liebe nicht zwangsläufig immer zusammen. Dieser Ansicht ist auch Robert Betz, der diesen Umstand in seinem Buch “Wahre Liebe lässt frei” näher beschreibt.
Gesunder Umgang mit einem Seitensprung
Ein deutliches Zeichen, dass der Fremdgeher seinen Partner immer noch liebt ist natürlich, wenn er die Affäre beendet, wenn es eine mehrmalige Angelegenheit war. 80% aller Männer und Frauen sind wohl bereit einen Seitensprung zu verzeihen unter der Voraussetzung, dass dies nie wieder passieren wird. Auch wenn es schwer einzuschätzen ist, inwieweit so ein Versprechen überhaupt gegeben werden kann, ist dies doch ein Liebesbeweis.
Wenn der Seitenspringer nach dem Fehltritt wieder mehr in die Beziehung investiert, ist dies auch ein deutlich positives Zeichen. Während vor dem Seitensprung womöglich die Beziehung von tristem Alltag geprägt war, lässt sich diese nun womöglich wieder einiges Einfallen, um der Eintönigkeit zu entfliehen und wieder mehr Spaß und Abwechslung in die Beziehung zu bringen.
Wenn der Partner offen über seine Gefühle und Bedürfnisse redet, kann auch ein sehr gesunder Umgang mit Fremdgehen sein, vorausgesetzt der andere Partner ist offen genug für solch ein Gespräch.
Beziehungsgefährdendes Verhalten nach einem Seitensprung
Wenn die Situation heruntergespielt wird und nicht klar angesprochen und ausdiskutiert wird, ist das kein gutes Zeichen. Wenn solch ein gravierendes Ereignis einfach beiseitegedrückt wird, kann das schwerwiegende Folgen für die Beziehung haben.
Es kann auch sein, dass der Fremdgeher dem Partner die Schuld gibt. Das heißt er führt Gründe auf, warum das Verhalten und die Handlungen des Anderen ihn dazu getrieben haben einen Seitensprung zu begehen oder sich in eine Affäre zu flüchten. Das ist ein sehr bequemes Verhalten und trägt natürlich nicht dazu bei, die Beziehung zu retten.
Wenn es wieder vorkommt ist das auch nicht unbedingt ein gutes Zeichen. Laut einer Erhebung sind 15% aller Untreuen Wiederholungstäter. Hier kommt es ein wenig auf die Umstände an. Aber wenn der Partner nach einer ausführlichen Aussprache gleich die nächste Gelegenheit für ein Seitensprung ergreift, ist das nicht unbedingt das beste Zeichen.
Ein Fazit
Die Beziehung kann noch so perfekt sein, ein Seitensprung ist niemals ganz ausgeschlossen, da fehlende Liebe eben nur einer von vielen möglichen Gründen für fremdgehen ist und bei weitem nicht der einzige der überhaupt in Frage kommt. Meist hat das fremdgehen mehr mit der Person zu tun, die fremdgeht und weniger mit der Beziehung.
Wenn eine Entfremdung innerhalb der Partnerschaft der Auslöser ist, so ist ein Seitensprung ein deutliches Anzeichen dafür, dass mit der Beziehung etwas im Argen liegt. Daneben gibt es aber noch einige weitere individuelle Ursachen. Bei näherer Betrachtung wird damit auch klar, dass Liebe nicht zwangsläufig bedingungslose Treue mit sich bringt. Das zeigt die Realität Tag für Tag. Es hat sich außerdem gezeigt, dass wir eine sehr starre, besitzbeanspruchende und zum Teil auch realitätsferne Vorstellung von Liebe und Beziehung haben, die offenbar nicht dazu führt, dass die Partnerschaft unter diesen Regeln unendliches Glück hervorbringt.